Ein Coach bezieht viel Wissen aus Studien und Lehrgängen. Was ihn ausmacht, sein Impuls Menschen zu helfen und zu begleiten, seine Ausrichtung und vor allem sein eigener Erfahrungsschatz, speist sich hingegen aus seinem persönlichen Werdegang. Mein Leben war nicht nur bewegt, es hat mir auch in den verschiedensten Bereichen zu fachlichen und menschlichen Kompetenzen verholfen.
Meine dreißig Jahre Berufserfahrung waren von der Suche nach persönlichen Grenzen und Bereicherungen geprägt. Ich begann als Groß- und Außenhandelskauffrau und habe danach im Finanz- und Controlling-Bereich mehrerer Unternehmen in verschiedenen Branchen gearbeitet. Am Höhepunkt dieses Weges stand die Übernahme einer Immobilienverwaltung mit insgesamt 53 Gewerbemieteinheiten. Hier war mein Einsatz und Organisationstalent gefragt, zudem Führungsstärke, Verhandlungsgeschick, Mediationsvermögen und Flexibilität. Bauleiter und Handwerker, Eigentümer und Mieter wollten berücksichtigt werden.
In dieser Zeit zog ich zwei Kinder groß, die heute erwachsen sind. Job und Familie zu vereinen war für mich eine Aufgabe, in die ich mich mit voller Inbrunst stürzte. Daneben war mir ehrenamtliches Engagement sehr wichtig, gerade im sozialen Bereich. Jahrelang beteiligte ich mich freiwillig an meinen freien Wochenenden am Bau eines Kirchengebäudes. Dies entsprach meinem Wunsch meine handwerklichen Kompetenzen auszubauen – und so lernte ich etwa Gerüste zu errichten, Kabeltrassen zu ziehen und Außenwände zu verfugen. Auch das Verflechten von Stahlnetzen und das Mauern ziehen gehörten dazu.
Mein Selbstbild als Powerfrau entsprach mit der Zeit nicht mehr der gelebten Realität. Als die Ansprüche aus dem privaten Umfeld höher wurden, begann ich meine mentalen Reserven anzugreifen. In wenigen Jahren starben mehrere mir sehr nahestehende Menschen. Einen davon pflegte ich bis zu seinem Tod jahrelang und begleitete ihn beim Sterben. Zur selben Zeit musste ich mich um meinen mental erkrankten Ehemann kümmern, der zuhause keine Erziehungsaufgabe mehr übernehmen konnte. Über das viele Geben brannte ich förmlich aus, vor lauter Helfen hatte ich ganz verdrängt, dass auch ich zunehmend Hilfe benötigte.
Es erwischte mich, als ich von der Arbeit nach Hause kam: meine Beine versagten ihren Dienst. Ich hatte keine Kraft mehr zu gehen. Ein Jahr lang litt ich, die immer sportlich und voller Elan gewesen war, unter Schmerzen, Immobilität und völliger Antriebslosigkeit. Dass dies ein Burnout war, wusste ich nicht sofort. Aber ich wusste, dass sich etwas ändern musste. Ich begann, meine Suche umzustellen: Nicht mehr neue Herausforderungen standen im Mittelpunkt, sondern der Sinn in meinem Leben. Ich musste Entscheidungen treffen – und mich heilen.
Weil das in meinem Umfeld nicht möglich war, verließ ich es. Meine Scheidung hatte zur Folge, dass ich alle Freunde verlor und der Kontakt zur Familie abriss. In all dem Schlamassel hatte ich niemanden zum Reden, dabei wäre eine Gesprächstherapie dringend nötig gewesen. Zu allem Überfluss erlebte ich in einem Urlaub bei einem Bootsunfall eine Reaktivierung eines schweren Kindheitstraumas, das mit Ertrinken zu tun hatte. Nach alldem beschloss ich, mich zur Therapeutin meiner selbst zu machen: Ich belegte Trainerkurse und Ausbildungsgänge zur Psychotherapeutin und psychologischen Beraterin.
Erst da eröffnete sich mir mein neuer Weg, Coach zu werden. Über die Selbsttherapie hatte ich so viel Wissen erworben, so viel neue Energie gewonnen, dass ich begann, meinen eigenen therapeutischen Ansatz zu entwickeln. Und den wollte ich weitergeben. Dies ist der Grund, dass ich als Coach selbständig arbeite.